"Wir glauben an eine Stadt, die den Menschen dient und sie einbezieht" Interview mit Claudia Frey & Sabine Hansky

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Munich Urban Colab City

Im Herzen von München zusammenarbeiten und die Stadt der Zukunft gestalten - im Munich Urban Colab bündeln UnternehmerTUM und die Stadt München Kräfte unter einem Dach: Start-ups, etablierte Unternehmen, Forschende, Studierende, Kreative und Kunstschaffende arbeiten zusammen mit der Stadtverwaltung, den Bürgerinnen und Bürgern an nachhaltigen Lösungen für eine lebenswerte Stadt der Zukunft.

2015 begannen die ersten Planungen, im April 2021 öffnete es seine Türen. Wir haben mit Claudia Frey, Geschäftsführerin der Munich Urban Colab GmbH und Chief Financial Officer von UnternehmerTUM, und Sabine Hansky, Program Director des Munich Urban Colab & Expert for Urban Development, gesprochen.

Claudia Frey

Claudia Frey
Geschäftsführerin der Munich Urban Colab GmbH,
Chief Financial Officer von UnternehmerTUM

Sabine Hansy Munich Urban Colab

Sabine Hansky
Program Director & Expert for Urban Development

Wie kam es zu den Überlegungen, ein Innovations- und Gründungzentrum für die Stadt der Zukunft zu bauen?

Sabine Hansky: Der Ausgangspunkt war in der Tat ein Forum UnternehmerTUM zum Thema „Gründerstadt München?!“ Die zentrale Frage war: Kann München als Start-up-Standort mit Berlin mithalten? Gemeinsam mit Start-ups, einem Marketing-Experten und der Stadt haben wir darüber diskutiert, warum Berlin in der öffentlichen Wahrnehmung besser dasteht als München—obwohl doch gerade München hervorragende Voraussetzungen für Tech-Start-ups bietet. Und wie wir die Gründungsstadt München stärken können.

Claudia Frey: Im Anschluss an diese Veranstaltung haben sich Susanne Klatten, Helmut Schönenberger und der damalige zweite Oberbürgermeister der Stadt München, Josef Schmidt, getroffen und über mögliche gemeinsame Aktivitäten gesprochen. Die Initiative, ein Innovations- und Gründungszentrum mit dem Fokus auf Smart City Solutions zu bauen, kam schließlich von Susanne Klatten. Inspiriert auch durch ihre Begegnung und Gespräche mit Carlo Ratti, Direktor des MIT Senseable City Lab und einer der innovativsten Vordenker der Stadt der Zukunft, erkannte sie die großen Herausforderungen von Städten weltweit—aber auch die unternehmerischen Chancen .

Das Munich Urban Colab fokussiert sich auf Smart City-Lösungen mit dem Ziel, die Stadt sicher, inklusiv, resilient und nachhaltig zu gestalten. Warum gerade dieser Schwerpunkt?

Sabine Hansky: Das Wachstum von München—heute leben hier 1,5 Mio. Menschen, 2030 sollen es 1,8 Mio sein—stellt die Stadt vor große Herausforderungen: Was bedeutet das für das Leben in der Stadt? Für die städtische Infrastruktur? Die Verkehrsströme, den Wohnraum, die Abfallbeseitigung? Weltweit stehen Städte vor diesen Herausforderungen. Gleichzeitig eröffnen der Megatrend Urbanisierung und die nachhaltige Lösung von urbanen Herausforderungen große unternehmerische Chancen für Start-ups und etablierte Unternehmen.

Im Munich Urban Colab sollen Start-ups, etablierte Unternehmen, wissenschaftlich Forschende, Studierende, Kreative, die Stadt und Bürgerinnen und Bürger zusammenkommen. Warum ist es so wichtig, dass diese Gruppen gemeinsam an Lösungen arbeiten?

Sabine Hansky: Urbane Herausforderungen sind viel zu komplex, als dass einer allein sie lösen kann. Denken sie nur an das autonome Fahren! Oder den öffentlichen Nahverkehr! Es braucht eine Zusammenarbeit über Branchen und Disziplinen hinweg. Wir brauchen die kreative Energie von Start-ups, die Erfahrung und Forschung etablierter Unternehmen, neue Technologien aus der Wissenschaft, die andere Perspektive von Kreativen und Kunstschaffenden, den Zugang zur Stadtverwaltung und die Stadtgesellschaft, um neue Lösungen zu entwickeln, zu testen und auf den Markt zu bringen. Wir sind davon überzeugt, dass diese Vielfalt zu den besten Lösungen führt.

Claudia Frey: Dieser interdisziplinäre Ansatz war auch Susanne Klatten und der Stadt sehr wichtig. Die Partnerschaft mit der Stadt München ist für das Thema Smart City Solutions natürlich perfekt—die Entwicklung von intelligenten Technologien und smarten Services kann nur gemeinsam mit der städtischen Verwaltung gelingen. Die Stadt ist im Munich Urban Colab mit dem Mobilitäts- und dem IT-Referat vertreten, den Stadtwerken und der MVG. Sie alle eröffnen Start-ups und Unternehmen so den schnellen Zugang zu Entscheidungsverantwortlichen—das ist einzigartig.

Sabine Hansky: Vor allem wollen wir mit dem Munich Urban Colab stärker die Bürgerinnen und Bürger einladen, gemeinsam mit uns die Stadt der Zukunft zu gestalten. Technologien liefern Lösungen—aber es geht nicht nur darum, was technisch möglich ist. Es geht um die Einbindung neuer Technologien in bestehende und neue Systeme und auch um die Reflexion: Was ist sinnvoll? Was menschlich? Wir glauben an eine Stadt, die den Menschen dient und sie einbezieht. Die zentrale Lage im Herzen der Stadt, inmitten des Kreativquartiers, und die Architektur bieten dafür die besten Voraussetzungen.

War die Planung des Munich Urban Colab genauso kollaborativ?

Claudia Frey: Ja, die Zusammenarbeit mit der Stadt war von Anfang an hervorragend und inspirierend. Gemeinsam haben wir die Ausschreibung gestaltet, den Wettbewerb durchgeführt und dann gebaut. Die Landeshauptstadt stellt das Grundstück des Munich Urban Colab zur Verfügung, UnternehmerTUM hat die Kosten für das Gebäude übernommen.

Gibt es Learnings aus dem Entrepreneurship Center von UnternehmerTUM in Garching, die in das Konzept des Munich Urban Colab eingeflossen sind?

Claudia Frey: Auf jeden Fall. Wir haben damals schon viel richtig gemacht, z.B. die Flexibilität der Räume. Je nach Bedarf können wir umgestalten und so die Räume den sich verändernden Bedürfnissen der Teams anpassen. Diese Freiheit haben wir im Munich Urban Colab auf ein ganz neues Niveau gehoben: Statt festen Wänden gibt es hier überwiegend Systemtrennwände und Sichtinstallationen, die sich beliebig verschieben und verändern lassen. Aus Garching übernommen haben wir auch die Transparenz. Unser Anspruch war: ‘Man muss den unternehmerischen Spirit riechen, schmecken, fühlen können.’ Noch ein Learning aus Garching: Der MakerSpace, eine High-tech-Prototypenwerkstatt, hat der Arbeit der Start-ups und der Geschwindigkeit bei der Entwicklung von Ideen und neuen Produkten einen enormen Schub verliehen. Auch im Munich Urban Colab wird es einen MakerSpace geben.

Worauf können wir uns in den nächsten Monaten freuen und wie können Menschen im Munich Urban Colab mitgestalten?

Claudia Frey: Wir freuen uns über ein sensationelles Gebäude, in dem wir völlig neue Formen der Zusammenarbeit erleben werden! Start-ups und etablierte Unternehmen können über die Programme der UnternehmerTUM im Colab andocken—z.B. beim Digital Hub Mobility, BEFIVE, XPRENEURS, TechFounders, etc.—oder aber Arbeitsplätze mieten. Und wir freuen uns natürlich auf viele spannende Veranstaltungen—im Juli zum Beispiel finden der DLD und das Barcamp „New Green Munich“ im Munich Urban Colab statt—und viele Diskussionen, Workshops und Konferenzen rund um die Stadt der Zukunft!