KI für die Medizin – der intelligente Copilot?
Künstliche Intelligenz (KI) ist kein abstraktes Zukunftskonzept mehr, sondern ein relevantes Werkzeug in einigen Aspekten der Medizin geworden. Insbesondere in der Diagnostik entwickelt sich beeindruckend Positives: Algorithmen erkennen Hautkrebs in Bilddaten, in der Radiologie unterstützen KI-Systeme die Befundung von CT- und MRT-Aufnahmen. Auch in der Therapieplanung – etwa bei personalisierter Krebsbehandlung – liefern KI-Modelle datengestützte Empfehlungen. Essenziell ist es, zu betonen: Am Ende entscheidet immer der Mensch, der Arzt, die Technik ist nie autonom unterwegs. Keine Horrorszenarien von Robotern, die alleine operieren. Wird es gelingen, mit künstlicher Intelligenz Krankheiten zu besiegen? Ja und nein. Wahrscheinlich noch nicht sofort und nicht alleine per KI. KI ist ein Werkzeug, eine Unterstützung, ich vergleiche sie mit einer Servolenkung, sie ist kein Allheilmittel, sie kann jedoch sinnvoll unterstützen, wenn man sie intelligent einzusetzen versteht. Ihre Stärke liegt in der Mustererkennung und der Analyse großer Datenmengen, nicht im Verständnis komplexer, multifaktoriell bedingter Zusammenhänge oder gar menschlicher Werte, ethischer Dilemmata oder individueller Lebenssituationen. Die größte Schwachstelle bleibt daher oft die mangelnde Datenqualität und auch -quantität. Wenige Aspekte der Medizin lassen sich rein auf Zahlen und Daten reduzieren, es braucht immer den Menschen zum Begreifen des Menschen.
Das rein KI-gesteuerte Krankenhaus, wie es in Pilotprojekten in China erprobt wird, ist in Deutschland kurzfristig noch nicht realistisch. Strenge Datenschutzgesetze und die fragmentierte, großteils völlig veraltete IT-Landschaft im Gesundheitswesen verzögern eine flächendeckende Umsetzung. ABER, und jetzt kommen die positiven Aspekte: Teilbereiche können bereits heute stark automatisiert werden. Allein aus und in München entwickelt stehen Dutzende sehr erfolgreiche, praxisorientierte und damit pragmatische Software-Lösungen für Ärzte zur Verfügung: Das reicht von der automatisierten Befundung von Röntgenbildern über die sprachgesteuerte Erstellung von Berichten bis hin zum umfassenden Bildanalysetool in der Radiologie. Das Schöne ist die Dynamik: Es geht jeden Tag weiter und die Technologie wird durch den täglichen Einsatz laufend besser. Einen der größten Irrtümer gilt es klar auszuräumen: KI ersetzt sicher keine Ärzte. Tatsächlich ist ihr größter Nutzen die Ergänzung menschlicher Expertise – durch präzisere Diagnosen, effizientere Arbeitsabläufe und neue Forschungsansätze. Die Zukunft der Medizin liegt nicht im Mensch-oder-Maschine-Denken, sondern in einer verantwortungsvollen Symbiose beider.
KI und Mobilität: Welche Ziele haben wir?
80 % der Deutschen befürworten den Einsatz von KI, wenn sie zur Verbesserung der Parkplatzsuche, für intelligente Ampeln oder zur Vorbeugung von Diebstahl und Alkoholkonsum am Steuer genutzt wird. Das zeigt eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom und belegt, dass die Akzeptanz von KI im Verkehr hoch ist, sofern sie die Sicherheit erhöht. KI kann jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen. Einerseits wird sie die Arbeitswelt massiv verändern, andererseits treibt sie den Energieverbrauch in die Höhe. Während KI Emissionen senken kann, indem sie erneuerbare Energien besser ins Netz integriert, verursacht das Training großer Modelle einen hohen Stromverbrauch, der aktuell oft noch durch fossile Energien gedeckt wird.
Eine grundlegendere Frage ist, welche Ziele wir in der Stadt der Zukunft verfolgen. Autonome Taxis sind in den USA und China schon im Einsatz und könnten bald günstiger sein als der öffentliche Nahverkehr. Dies könnte jedoch dazu führen, dass viele vom ÖPNV auf den Individualverkehr umsteigen, was ungekannte Staus zur Folge hätte. Daher ist es wichtig, die Debatte über KI abseits der Faszination für das technisch Machbare zu führen. Wir müssen uns fragen: Welche Probleme wollen wir mit KI lösen? KI kann den Fahrermangel im öffentlichen Verkehr lindern, indem sie autonomes Fahren ermöglicht – auch in ländlichen Gebieten, die heute nicht bedient werden. Ebenso können autonome Roboter Plastikmüll auf Grünflächen und in Gewässern einsammeln. KI hat das Potenzial, Mobilität sicherer, komfortabler und ressourcenschonender zu machen. Das gelingt aber nur, wenn wir sie bewusst auf unsere drängendsten Herausforderungen ausrichten und nicht nur auf die Bequemlichkeit der nächsten Autofahrt.
Algorithmenethik: Warum wir digitale Verantwortung brauchen
Künstliche Intelligenz verändert unsere Arbeits- und Lebenswelten in rasantem Tempo. Sie unterstützt Entscheidungen, strukturiert Abläufe, filtert Informationen – und bleibt dabei oft eine Blackbox. Genau darin liegt die Herausforderung: Wenn Entscheidungslogiken unsichtbar bleiben, besteht die Gefahr von Verzerrung, Diskriminierung und Manipulation. Die Vorstellung, Algorithmen könnten „neutral“ sein, ist trügerisch. Denn jede Software ist von Menschen gebaut – und trägt deren Annahmen, Erfahrungen und blinde Flecken in sich. Werden solche Muster skaliert, können sich Fehler und Bias nicht nur fortpflanzen, sondern sogar verstärken. Was folgt daraus für die Zukunft der digitalen Verantwortung?
- Transparenz als Standard: Systeme müssen offenlegen, welche Daten und Annahmen sie nutzen. Nur so sind ihre Ergebnisse überprüfbar und korrigierbar.
- Diversität als Schutzmechanismus: Je mehr Per-spektiven in Entwicklung und Anwendung einbezogen werden, desto geringer die Gefahr einseitiger Verzerrungen. Vielfalt ist kein „nice to have“, sondern ein algorithmischer Sicherheitsgurt.
- Beteiligung als Prinzip: Betroffene müssen nachvollziehen und mitbestimmen können, wie Systeme wirken. Partizipative Ansätze sind nicht hinderlich, sondern erhöhen Vertrauen und Akzeptanz.
Forschung und Praxis zeigen: Schon einfache Diskussionsrunden mit Bürgern, Nutzerinnen oder Mitarbeitenden bringen kritische Fragen ans Licht, die Entwickler allein übersehen würden. Ethik entsteht nicht im Nachhinein, sondern in der Gestaltung selbst. Die Zukunft der Künstlichen Intelligenz entscheidet sich also nicht allein an der Rechenleistung oder Modellgröße, sondern daran, ob es uns gelingt, digitale Verantwortung zur Grundbedingung jeder Innovation zu machen. Gute Algorithmen sind keine, die perfekt funktionieren – sondern solche, deren Funktionsweise nachvollziehbar, fair und gestaltbar bleibt. Nur so wird KI ein Werkzeug, das unser Leben bereichert, statt es in unsichtbaren Routinen zu verengen.
Handel: Zwischen Algorithmus und Begegnung
KI verändert den Handel auf verschiedenen Ebenen. Im Onlinegeschäft übernehmen KI-Agenten immer mehr Aufgaben autonom - von der Buchung eines Flugtickets samt Hotel bis hin zum Schuhkauf. Bald reicht es, per Sprache ein Produkt zu beschreiben („schwarze Sneaker, Größe 42, Lieferung bis Donnerstag“), und ein KI-System wickelt den Prozess komplett ab. Klassische Webseiten werden so zu bloßen Datenquellen für die Algorithmen.
Viele Marken arbeiten deshalb bereits mit Hochdruck daran, ihre Sichtbarkeit nicht durch mehr SEO (Search Engine Optimization), sondern GEO (Generative Engine Optimization) zu verbessern, also durch mehr Sichtbarkeit für die Generative AI. Ich glaube jedoch nicht an den langfristigen Erfolg von GEO bzw. LLMO (Large Language Model Optimization), weil klassische SEO-Praktiken bei KI-Antworten strukturell nicht mehr greifen. Mechanismen wie Keyword- oder Ranking-Optimierung verlieren an Bedeutung, denn generative Systeme bevorzugen kontextbezogene, semantisch hochwertige und vertrauenswürdige Inhalte, anstatt sich an Rankings zu orientieren.
Der Wettbewerb um Sichtbarkeit in KI-Systemen wird sich deshalb künftig wahrscheinlich über exklusive Datenbestände und proprietäre KI-Modelle entscheiden. Gleichzeitig eröffnet KI hinter den Kulissen enorme Potenziale, etwa um die Organisation durch effizientere Prozesse und Entscheidungsfindung sowie Automatisierung zu entlasten.
Zum anderen stellt sich die Frage nach der Zukunft der Innenstädte. Wenn KI das Einkaufen radikal vereinfacht, muss der stationäre Handel eine andere Rolle einnehmen: als Ort der Begegnung, der Beratung, der Erlebnisse. KI kann hier helfen: durch virtuelle Unterstützung, Avatare oder sofortige personalisierte Empfehlungen im Laden, vielleicht sogar gemeinsam mit dem Verkaufspersonal oder anderen Kunden. Wichtig ist, die Flächen so zu gestalten, dass Menschen gern kommen und dort Zeit verbringen. KI im Handel ist also keine rein technische Frage. Es geht um Tempo und Offenheit für neue Konzepte. Die Zukunft des Handels liegt damit zwischen Algorithmus und Begegnung: KI übernimmt Routine und Komplexität, Erlebnisse sorgen für Verbundenheit mit der Marke.
KI eröffnet neue Dimensionen für die Kunst
Für mich ist Künstliche Intelligenz eine neue Zutat in der digitalen Kunst, die unzählige Remixes und Erweiterungen ermöglicht. Aber wie bei Stift und Papier gilt: Ohne klare Idee bleibt jedes Werkzeug stumm. KI erzeugt Vorschläge, manche besser, manche schlechter – doch erst im Dialog mit der künstlerischen Vorstellungskraft entfaltet sie ihr Potenzial. Ich sehe darin keine Bedrohung, sondern eine großartige Chance: KI eröffnet neue Wege für Animation, Bildwelten oder in Verbindung mit 3D-Druck auch für Skulpturen. Sie ist wie eine neue Autobahn, die sich vor uns auftut. Wer als Künstler oder Künstlerin diese Möglichkeiten nicht nutzt, verliert meiner Ansicht nach einen entscheidenden Teil der Zukunft.
Zentral bleibt dabei für mich die Interaktion von Künstler und Maschine, das Spiel zwischen System und Zufall, das eine stilistische Erweiterung der eigenen Kreativität erlaubt. Immer mehr Werke werden generativ sein – offen, wandelbar, interaktiv. Durch die Nutzung von Datenbanken und KI-Modellen entstehen Bilder und Texturen, die zuvor nicht existierten: neue Imaginationen, neue Ästhetiken. Das Digitale muss dabei nicht kalt oder distanziert sein. Im Gegenteil: Es kann Begegnungen schaffen, Emotionen auslösen und die Kunstgeschichte um eine Dimension erweitern. KI ist für mich kein Ersatz, sondern ein Instrument, das den kreativen Prozess beflügelt und der Kunst der Zukunft neue Horizonte eröffnet.
Alltag: Chancen gestalten, nicht nur debattieren
Künstliche Intelligenz wird unseren Alltag grundlegend verändern. Ich hoffe, sie erleichtert uns das Leben, sichert unseren Wohlstand – und führt nicht dazu, dass wir das Denken verlernen oder massenhaft arbeitslos werden. Die Chancen dafür stehen gut. Schon heute können wir mit Computern sprechen, Prozesse automatisieren oder kreativ arbeiten, ohne Spezialsoftware zu beherrschen. KI verschiebt den Fokus: von Bedienkompetenz hin zu Kreativität und Problemlösung. Menschliche Expertise bleibt dennoch entscheidend, denn nur mit Fachwissen holen wir das Beste aus KI heraus. Exzellenz wird sich auch in Zukunft gegen Mittelmaß durchsetzen – ein Ansporn, kein Risiko.
Wie stark KI unser Leben prägen kann, unterschätzen viele. Auch Smartphones haben den Alltag im Handumdrehen verändert, fast nebenbei. Bei KI dürfte es ähnlich laufen: Stück für Stück wird sie selbstverständlich. Natürlich gibt es Schattenseiten. KI ist noch „Wilder Westen“: ungeklärte Urheberrechte, Halluzinationen, hoher Energieverbrauch. Aber Kritik allein genügt nicht. Wer glaubt, moralische Debatten könnten den Einsatz verhindern, irrt. Menschen und Unternehmen weltweit werden KI nutzen, wenn sie Vorteile darin sehen – egal ob wir mitdiskutieren oder nicht. Die eigentliche Frage lautet deshalb: Wer baut die Systeme, wer setzt sie klug ein – und wer legt die Regeln fest? Wenn wir nur zuschauen, verlieren wir Gestaltungsmacht. Und die vielbeschworene „Superintelligenz“? Vermutlich wird sie dann verkündet, wenn es sich als Marketing lohnt. Manche Tech-Giganten definieren AGI schlicht als Punkt, an dem sich 100 Milliarden Dollar Gewinn mit KI erzielen lassen. Fazit: Wir müssen KI aktiv gestalten – verantwortungsvoll, kreativ und mit Mut, ihre Chancen zu nutzen.
Dieser Artikel ist im Colab Quarterly mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz erschienen.